25. April 2016

Pensi­ons­rück­stel­lung – stabile Konstruk­tionen gefragt

Durch anhal­tende Nied­rig­zinsen und das neue Bilanz­recht belasten Pensions­zusagen für Geschäfts­führer in vielen Betrieben zuneh­mend die Bilanz. Nur mit indi­vi­du­ellen Lösungen lässt sich das Problem stetig stei­gender Rück­stel­lungen entschärfen.

Text: Eva Müller-

auberManchmal ist rasches Handeln bares Geld wert. Das erfuhr Martin Beham, als er 2013 wie jedes Jahr mit dem Steuer­berater die Bilanz analy­sierte. Dabei ging es auch um seine Alters­ab­si­che­rung über den Betrieb und die damit verbun­denen Pensi­ons­rück­stel­lungen. „Er riet mir, meine Direkt­zu­sage zu über­prüfen“, erin­nert sich der geschäfts­füh­rende Gesell­schafter der A&B GmbH im ober­baye­ri­schen Taching. Die Reak­tion des Versi­che­rers, bei dem die Firma eine Rück­de­ckungs­ver­si­che­rung abge­schlossen hatte, um mit Eintritt des Versor­gungs­falls über die notwen­dige Liqui­dität zu verfügen: „Mein Betrieb sollte kurz­fristig 300.000 Euro nach­schieben, damit die Ausfi­nan­zie­rung garan­tiert ist.“

Problem der Ausfi­nan­zie­rung

Wegen anhal­tend nied­riger Zinsen bringen Lebens­ver­si­che­rungen, über die viele Direkt­zu­sagen abge­si­chert sind, nicht mehr die zur Voll­aus­fi­nan­zie­rung erfor­der­li­chen Renditen. Mit Abschluss einer Direkt- oder Pensi­ons­zu­sage – dem bei Geschäfts­füh­rern sehr verbrei­teten Durch­füh­rungsweg in der betrieb­li­chen Alters­ver­sor­gung (bAV) – verpflichtet sich jedoch das Unter­nehmen, im Versor­gungs­fall unmit­telbar die verein­barte Leis­tung zu zahlen. Das bringt vor allem geschäfts­füh­rende Gesell­schafter in die Bredouille, die bei ihrer Alters­vor­sorge zum Groß­teil auf diese Direkt­zu­sage bauen: Entweder nehmen sie in Kauf, dass ihre Firma durch die Ausfi­nan­zie­rung der bAV in finan­zi­elle Nöte geraten könnte, oder sie bekommen weniger Geld.

Verschärft und sichtbar wird das Problem nied­riger Zinsen durch das Bilanz­rechts­mo­der­ni­sie­rungs­ge­setz (BilMoG). „Seit 1. Januar 2010 müssen Betriebe die Pensi­ons­rück­stel­lungen in der Handels­bi­lanz mit einem Zins abzinsen, der sich an der tatsäch­li­chen Markt­ent­wick­lung orien­tiert“, erklärt Paul­gerd Kolven­bach, Geschäfts­führer der Longial GmbH in Düssel­dorf. „Ein sinkender Zins­satz wie derzeit führt zu höheren Rück­stel­lungen in der Bilanz“, so der promo­vierte Mathe­ma­tiker. Das kann sich negativ auf die Eigen­ka­pi­tal­quote sowie die Kredit­wür­dig­keit auswirken und Inves­ti­tionen erschweren.

Indi­vi­du­elle Lösungen gefragt

Dies wollte Beham unbe­dingt verhin­dern. Doch statt die gefor­derte Summe nach­zu­schieben, suchte der Unter­nehmer mit seinem Steuer­berater sowie einem bAV-Spezia­listen und einem Anwalt rasch eine indi­vi­du­elle Lösung, die seine persön­li­chen Ansprüche wahrt, ohne den Betrieb über Gebühr zu belasten. Den alten Vertrag ließ er wegen guter Kondi­tionen weiter­laufen, ergänzte ihn aber durch ein Invest­ment­fonds-Produkt eines auslän­di­schen Versi­che­rers, das bessere Renditen erzielen kann, weil es mehr Aktien enthalten darf als Produkte deut­scher Anbieter.
Monat­lich zahlt die Firma nun rund 500 Euro mehr für Behams Direkt­zu­sage. Die zusätz­li­chen 120.000 Euro dafür muss sie aber erst ab seinem 85. Geburtstag zur Verfü­gung stellen. Parallel dazu redu­zierte sie die Rück­stel­lungen: Bereits erdiente Ansprüche fror sie ein, künf­tige löste sie auf. „Die mussten zwar als Gewinn versteuert werden, aber das war das klei­nere Übel, zumal sie sich im Rahmen der Gesetz­ge­bung mit Verlusten verrechnen ließen“, kommen­tiert Beham die Lösung.

Unter­nehmer müssen handeln

Laut Arbeits­ge­mein­schaft für betrieb­liche Alters­ver­sor­gung (aba) in Berlin könnten auf Firmen, die rück­stel­lungs­fi­nan­zierte Direkt­zu­sagen gegeben haben, durch die nied­rigen Zinsen und das geltende Bilanz­recht bis Ende 2017 bilan­zi­elle Zusatz­be­las­tungen von jähr­lich bis zu 45 Milli­arden Euro zukommen. Dies lässt Forde­rungen nach einer Anpas­sung der Regeln laut werden. Auch die Politik hat das Problem erkannt. Als Lösung im Gespräch sind unter anderem Ände­rungen an der handels­bi­lanz­recht­li­chen Findung des zu bildenden Zins­satzes zur Bestim­mung der erfor­der­li­chen Pensi­ons­rück­stel­lungen. Darauf sollte aber kein Betrof­fener warten, zumal das keine umfas­sende Lösung der Probleme wäre. „Unter­nehmer müssen handeln“, so Gerhard Regnery von Dr. Eich, Jakob & Partner Koblenz, lang­jäh­riger Dozent für die Steu­er­be­ra­ter­kammer Rhein­land-Pfalz sowie Refe­rent unter anderem zur bAV. „Das Thema ist komplex und kompli­ziert“, betont er. „Jeder Firmen­chef sollte, um die für sein Unter­nehmen passende Lösung zu finden, die Hilfe eines bAV-Bera­ters sowie seines Steu­er­be­ra­ters und mitunter auch die eines Anwalts in Anspruch nehmen, der die juris­ti­schen Fein­heiten klärt.“

Verrin­gern ließen sich die Rück­stel­lungen beispiels­weise durch eine andere Art der Rück­de­ckung, etwa über Invest­ment­fonds. Fehlen dem Unter­nehmen die finan­zi­ellen Ressourcen, kann der Gesell­schafter-Geschäfts­führer auch auf den Future Service verzichten, also den noch nicht erdienten Teil seiner Anwart­schaft. Leit­li­nien dazu hat das Bundes­fi­nanz­mi­nis­te­rium 2012 vorge­geben. Beim richtig gestal­teten Verzicht sind steu­er­liche Folgen – verdeckte Einlage bezie­hungs­weise Lohn­zu­fluss – demnach nicht mehr zu befürchten. „Nur auf das steu­er­liche Ergebnis der GmbH wirkt sich die Herab­set­zung der Pensi­ons­zu­sage im Wirt­schafts­jahr des Verzichts aus“, erklärt Regnery. „Aller­dings muss der Begüns­tigte sich den Verzicht auf seine bAV leisten können.“

Externe Anbieter können helfen

Inter­es­sant kann es auch sein, Pensi­ons­zu­sagen an externe Anbieter wie eine Unter­stüt­zungs­kasse oder einen Pensi­ons­fonds auszu­la­gern. „Weil aber externe Träger mit deut­lich vorsich­ti­geren Rech­nungs­grund­lagen kalku­lieren und einen erheb­li­chen Aufschlag berechnen, bedarf dies ausrei­chender Liqui­dität“, warnt Longial-Chef Kolven­bach. Glei­ches gilt für die Nach­fi­nan­zie­rung der Zusage. Außerdem ist es unter Umständen möglich, von leis­tungs­ori­en­tierten auf beitrags­ori­en­tierte Direkt­zu­sagen umzu­steigen. Dies hat den Vorteil, dass sich die Planungs­si­cher­heit des Unter­neh­mens erhöht, meint Kolven­bach.

Alter­na­tiven, um eine zusätz­liche Belas­tung des Betriebs durch Rück­stel­lungen oder stei­gende Zahlungen für Pensi­ons­zu­sagen im Rahmen zu halten, gibt es also genug. Ein Firmen­chef muss dafür nur so schnell und konse­quent handeln wie A&B-Geschäftsführer Beham.

Kosten­kon­trolle

So steuern Sie bei stei­genden Pensi­ons­rück­stel­lungen gegen

Indi­vi­du­elle Lösung: Für die betrieb­liche Alters­vor­sorge gibt es kein Patent­re­zept. Der Firmen­chef muss mit dem Steuer­berater sowie einem unab­hän­gigen bAV-Experten eine passende Lösung erar­beiten. Ein versierter Anwalt hilft, die Verträge juris­tisch wasser­dicht zu formu­lieren.

Bilan­zie­rungs­spiel­raum: Rechen­zins und biome­tri­sche Rech­nungs­grund­lagen sind fix, die Trend­an­nahmen zur Entwick­lung von Gehalt und Renten nicht. Wird etwa der spätere Beginn der gesetz­li­chen Rente in der Bilanz abge­bildet, verteilen sich die Rück­stel­lungen über längere Zeit.

Neuzu­sagen: Nach wie vor lohnt die Direkt­zu­sage für GmbH-Geschäfts­führer. Bei Neuzu­sagen bietet sich aber das Defined-Contri­bu­tion-Modell an. Im Gegen­satz zur leis­tungs­ori­en­tierten Zusage garan­tiert das Unter­nehmen hier nur die Höhe des Beitrags zur Betriebs­rente.

Über­prü­fung: In der Handels­bi­lanz werden die Para­meter für die Ermitt­lung der Pensi­ons­rück­stel­lungen jähr­lich über­prüft. Firmen­chefs sollten die bAV mit ihren Bera­tern eben­falls einmal jähr­lich genauer unter die Lupe nehmen, um sie gege­be­nen­falls anzu­passen.

Bei Fragen spre­chen Sie uns gerne an.

Quelle: TRIALOG, Das Unter­neh­mer­ma­gazin Ihrer Berater und der DATEV, Heraus­geber: DATEV eG, Nürn­berg, Ausgabe 01/2016